Einmaliger Pflegebonus bleibt eine Farce

Einmaliger Pflegebonus bleibt eine Farce

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Viele Versprechen werden noch folgen. Ich habe gestern in Vorbereitung auf die Rede Ihren Koalitionsvertrag durchgelesen.

(Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt erst?)

Das ist heute tatsächlich das erste Versprechen zur Pflege, das Sie einführen. Dazu herzlichen Glückwunsch!

Ich finde es ein bisschen spannend, dass Herr Lauterbach schon vor drei Wochen davon geredet hat, er lege einen Zwischenspurt hin. Ich weiß nicht, wer von Ihnen früher mal Sport gemacht hat.

(Claudia Moll [SPD]: Ich nicht!)

Man sieht es mir nicht mehr an, aber ich habe das mal gemacht. Wenn ich vor der Startlinie gesagt hätte: „Ich mache jetzt gleich einen Zwischenspurt“, dann wäre das ein kleiner Lacher für die Konkurrentinnen und Konkurrenten gewesen und auch für die Zuschauenden. Ich hoffe, dass Herr Lauterbach seine Versprechen endlich mal wahr macht und er nicht wieder ein halbes Jahr wartet, bis das nächste Gesetz folgt.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Tino Sorge [CDU/CSU])

Dieses Gesetz, sehr geehrte Damen und Herren, ist allerdings nicht nur ein Witz für die Zuschauer, in dem irgendwas angekündigt wird, sondern es ist auch ein Witz, allerdings ein schlechter Witz, für die meisten Beschäftigten in der Pflege. Die Medizinischen Fachangestellten, die Zahnmedizinischen Fachangestellten, die Medizinisch-technischen Assistenten, die Kolleginnen und Kollegen aus dem Rettungsdienst sind nicht berücksichtigt. Wenn man sich das anschaut, dann merkt man, dass eine gewisse Zufälligkeit in den Gesetzen vorhanden ist: In den Krankenhäusern berücksichtigen Sie nach wie vor die Reinigungskräfte und die Pflegehilfskräfte aber nicht. In der Langzeitpflege werden sie berücksichtigt mit 550 Euro. Das ist tatsächlich ein Witz.

(Beifall bei der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Aber ein schlechter!)

Gleichzeitig müssen Sie sich doch ein bisschen wundern, wenn selbst die CDU/CSU es schafft, Sie mit einem einfachen Antrag links zu überholen.

(Tino Sorge [CDU/CSU]: Sehr cooler Antrag!)

Das kann Sie doch nicht erfreuen! Da müssen Sie doch was ändern, vor allem die Kolleginnen und Kollegen von der SPD!

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir haben bereits vor fünf Monaten einen Antrag eingebracht, von dem Sie sich etwas hätten abschauen können. Darin waren sämtliche Kolleginnen und Kollegen in der Pflege, die von der Pandemie betroffen waren, berücksichtigt. Es wäre ein Leichtes gewesen, das zu kopieren. Leider haben Sie das nicht gemacht. Fünf Monate später kommen Sie mit dem ersten Gesetz. Das ist ein Witz, und für manche ein Trauerspiel. Das Problem ist aber mittlerweile: Es geht den Leuten einfach nicht mehr weit genug. Es geht nicht mehr um den Pflegebonus allein. Zwei Jahre lang war es Klatschen, zwei Jahre lang war es Danke sagen. Und jetzt bringt es der Pflegebonus? Das glauben Sie doch selber nicht!

(Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat doch auch keiner gesagt!)

Um was geht es? Vor dem Bundesministerium für Gesundheit sollten heute 52 000 Unterschriften überreicht werden. Gregor Gysi und ich waren da, ebenso Attac, Marburger Bund, Walk of Care, Bunte Kittel. Und was fordern sie? Sie fordern, endlich abzurücken von der Profitorientierung in der Gesellschaft, von der Profitorientierung in den Krankenhäusern.

(Beifall bei der LINKEN)

Schauen Sie sich doch an, was die Pflegekräfte selbst sagen, was die Ärztinnen und Ärzte sagen, und lernen Sie von denen!

(Zuruf der Abg. Heike Baehrens [SPD])

Das größte Problem ist gewesen, dass das Bundesministerium für Gesundheit es noch nicht mal geschafft hat, jemanden rauszuschicken, um sich diese Unterschriften abzuholen.

(Zurufe von der SPD)

Lernen Sie von den Menschen! Ignorieren Sie sie nicht! Lernen Sie, verbessern Sie Ihre Gesetze!

Vielen, vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)