Krankenhauspolitik
Status Quo der Krankenhauspolitik
Die Situation in deutschen Krankenhäusern ist alarmierend. Trotz hoher medizinischer Standards gibt es massive Probleme bei der Finanzierung, der Versorgung und den Arbeitsbedingungen. Kliniken stehen durch das Fallpauschalen-System (DRG) unter immensem wirtschaftlichen Druck. Personalmangel und die Abwanderung von Fachkräften führen zu Überlastungen, während gleichzeitig die Schließung von Krankenhäusern die wohnortnahe Versorgung gefährdet. Eine profitgetriebene Gesundheitsversorgung setzt Patient*innen und Beschäftigte gleichermaßen unter Druck.
Deswegen ist es höchste Zeit für einen Systemwechsel in der Krankenhauspolitik, der sich am Gemeinwohl orientiert und den ökonomischen Druck von den Krankenhäusern nimmt. Statt Profit und Kostendruck muss eine hochwertige Versorgung der Patient*innen im Mittelpunkt stehen. Diese setzt zwingend gute Arbeitsbedingungen der Beschäftigten voraus.
Mit der Einführung der Fallpauschalen (DRG) 2003 wurde die Krankenhausfinanzierung grundlegend verändert – zum schlechteren. Seitdem erhalten Krankenhäuser eine pauschale Vergütung pro Behandlung statt nach dem tatsächlichen Aufwand. In den Krankenhäusern führt der Zwang, mit pauschalen Beträgen pro „Fall“ die wirtschaftliche Existenz sichern zu müssen, zu Strategien, bei denen nicht mehr das Wohl der Patient*innen, sondern die Ökonomie im Vordergrund steht: Einerseits müssen sie auf Mengenausweitungen bei lukrativen Diagnosen und Behandlungen setzen (z.B. Operationen, apparative Diagnostik). Auf der anderen Seite ist es für Krankenhäuser wirtschaftlich lukrativ, verlustbringende Behandlungen zu vermeiden, also Patient*innen zu selektieren, deren Behandlung innerhalb des Abrechnungssystems „unwirtschaftlich“ erscheint. Auch die Folgen für die Versorgungsstruktur sind schwerwiegend: Regelmäßig werden Stationen oder ganze Krankenhäuser aus betriebswirtschaftlichen Gründen geschlossen, obwohl der Bedarf vorhanden ist und obwohl sie eine qualitativ gute Versorgung leisten.
Einführung der Fallpauschalen und ihre Folgen
Die Kommerzialisierung der Krankenhäuser durch Fallpauschalen hat einen großen Nutznießer: Private Krankenhäuser. Seit 1991 hat sich die Zahl der privaten Krankenhäuser verdoppelt, ihr Anteil an Betten mehr als verdreifacht. Sie haben durch die Fallpauschalen die Möglichkeit erhalten, defizitäre Häuser zu übernehmen, oft zu einem Spottpreis, um sie dann auf Profit zu trimmen – beispielsweise durch die Spezialisierung auf finanziell lukrative Eingriffe („Rosinenpicken“) und geringeren Personaleinsatz.
Wer mit Krankenhäusern Profite macht, tut dies auf Kosten der Versorgung von Patient*innen und auf dem Rücken der Beschäftigten. Allein die vier großen privaten Konzerne – Helios, Asklepios, Sana und Rhön – verbuchen jährlich rund eine Milliarde Euro Gewinn, die aus den Beiträgen der Krankenversicherten finanziert werden.
Bei den Beschäftigten führt der Zwang zur Kostensenkung zu einer massiven Überlastung und Ausdünnung des Personals. Über Jahrzehnte wurden im nicht-ärztlichen Bereich Stellen abgebaut oder nicht neu besetzt. Mit dem Ziel der Tarifflucht werden immer mehr Tätigkeiten in Tochtergesellschaften ausgelagert. Diese Entwicklungen verschlechtern nicht nur die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten, sie gefährden auch die Versorgung der Patient*innen (Pflegenotstand, Personalmangel, Hygienemängel, etc.).
Aber die schlechten Arbeitsbedingungen in deutschen Krankenhäusern rücken zunehmend ins öffentliche Bewusstsein: Pflegekräfte kämpfen und streiken mit ihrer Gewerkschaft ver.di für Entlastung und mehr Personal, Beschäftigte in Tochterunternehmen setzen sich gegen Tarifflucht und Niedriglöhne zur Wehr, Ärztinnen und Ärzte und ihre Organisationen kritisieren die unmenschlichen Zwänge der kommerzialisierten Medizin.
Unsere Forderungen
Abschaffung der Fallpauschalen
Statt einer pauschalen Vergütung, die Gewinne und Verluste ermöglicht, müssen die Ausgaben der Krankenhäuser kostendeckend finanziert werden. So kann eine bedarfsgerechte, hochwertige Versorgung gewährleistet werden.
Keine Profite mit Gesundheit
Krankenhäuser sollen in gemeinwohlorientierter und nicht-kommerzieller Trägerschaft betrieben werden. Um dieses Ziel zu erreichen, muss der Bund die Kommunen und Länder dabei unterstützen, Krankenhäuser zu entprivatisieren.
Mehr Investitionen in Krankenhäuser
Die Länder sind (v.a. wegen der Schuldenbremse) nicht in der Lage, den immensen Investitionsstau in den Krankenhäusern aus eigener Kraft abzubauen. Wir fordern deshalb, dass der Bund jeden von den Ländern zusätzlich finanzierte Euro mit einem Euro aus Bundesmitteln bezuschusst.
Verbesserung der Arbeits-bedingungen
Für alle Berufsgruppen im Krankenhaus müssen bedarfsgerechte, wissenschaftlich ermittelte Personalschlüssel eingeführt werden. So werden die Beschäftigten entlastet und die Versorgung verbessert. Der Trend zum Outsourcing muss umgekehrt werden: Reinigung, Sterilisation, Küche etc. sind Kernaufgaben eines Krankenhauses, für die eigenes, direkt beim Krankenhaus beschäftigtes Personal eingesetzt werden muss.
Einführung einer solidarischen Gesundheits- und Pflegeversicherung
Die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung soll auf eine breitere Basis gestellt werden. Wir wollen eine solidarische Gesundheits- und Pflegeversicherung einführen, in die alle Menschen nach ihrem gesamten Einkommen einzahlen. Auch diejenigen, die sich derzeit privat versichern dürfen oder müssen, wie Beamt*innen, Selbstständige und Politiker*innen.