Unterwegs in Kanada und Kalifornien zur Frage: Wie klappt es mit der Legalisierung von Cannabis?

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Im Rahmen einer Bundestagsdelegation habe ich mit Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen zur Frage der Legalisierung gerade drei Tage Kanada bereist, und hier vor allem die Provinz Ontario. Bevor es für den zweiten Teil der Reise weiter nach Kalifornien geht, ist es Zeit für ein Zwischenbericht aus den Gesprächen und Erfahrungen mit Vertreter:innen aus Zivilgesellschaft, Politik, Unternehmen und Colleges.

Eine Rückkehr hin zur Prohibition spielt hier keine Rolle, auch nicht in den Wahlkämpfen der konservativen Kräfte. Der Weg der Legalisierung als solcher gilt als anerkannt.

Leider sind viele Statistiken und Zahlen mit Vorsicht zu genießen, weil die Pandemie, die bald nach der Legalisierung einsetzte, die Auswertungen zum Konsum beeinflusst. Davon abgesehen zeigt sich: Der Konsum von Cannabis nimmt in Kanada seit Jahren zu, die Legalisierung hat dies allerdings nicht zusätzlich beeinflusst. Der Anstieg war auch schon vor der Legalisierung zu verzeichnen und ist zumindest auch in Teilen dadurch zu erklären, dass Konsumentinnen und Konsumenten den Konsum freimütig zugeben. Erwartbar hat die Anzahl der Straftaten im Zusammenhang mit konsumnahen Delikten abgenommen, der illegale Markt ist weit zurückgegangen, aber noch nicht gänzlich ausgetrocknet. In der Debatte ist zumindest auch die Überlegung stärker geworden, auch andere Suchtabhängige zu entkriminalisieren.

Bei der Legalisierung wird den einzelnen Provinzen weitgehend freie Hand gelassen. Zwar liegt die Distribution in staatlicher Hand, die Produktion (im Rahmen einer Positivliste von anbaubarem Cannabis) in privater Hand, allerdings ist der Verkauf z.B. in Quebec in staatlicher Hand, in Ontario, der mit Abstand bevölkerungsreichsten Provinz, privat. Der Eigenanbau ist in den meisten, allerdings nicht in allen Provinzen möglich. Abstände von Shops, beispielsweise zu Schulen, werden in den Provinzen geregelt. Hier wären erste Vergleichszahlen spannend: Inwiefern nimmt der Alkoholkonsum ab, wie entwickelt sich der illegale Markt, wie ist der Konsum von Cannabis auf die Staaten unterteilt? Leider gibt es dazu bislang keine verwertbaren Zahlen.

Zwischenfazit: Es gibt eine weitgehende Normalität. Auch die Regelungen fürs Autofahren wurden zum Beispiel einfach angepasst. Am deutlichsten wurde für mich die Normalität aber daran, dass Cannabisanbau und -verkauf studiert werden kann – sicher auch ein positiver Faktor für die Rehabilitierung zuvor kriminalisierter Menschen. Die Normalität zeigt sich auch insofern, als dass der Cannabisanbau als profitables Geschäft gesehen wird, und der Anbau unter sehr starken Kontrollen industriell geschieht. Das in einem von uns besuchten Anbauunternehmen der größte Aktionär eigentlich ein Alkoholunternehmen ist, passt ins Bild.

Ein Diskussionspartner aus dem Public-Health-Bereich, der sich seit Jahren für eine Legalisierung stark machte – auch zur Entkriminalisierung der Nutzer:innen – hat den Vorschlag gemacht, dass Distribution und Verkauf nicht profitorientiert, nicht privat sein sollte, weil vor allem im Verkauf die Werbung am problematischsten sei. Selbstverständlich nehme ich meine Brille nicht so richtig ab – eine grünrote Brille, die Legalisierung als unbedingt notwendig ansieht, die allerdings die Profitgier ablehnt. Unser Vorschlag bislang war vor allem der Bezug über Cannabis Social Clubs, also quasi organisiertem Eigenanbau: Ob damit alle Bedarfe vor allem von Gelegenheitskonsument:innen gedeckt wird, daran habe ich Zweifel. Allerdings wären Wege sinnvoll, die von einer reinen Profitorientierung absehen – auch muss natürlich garantiert sein, dass der illegalisierte Handel zurückgeht, was den Verkauf nicht zu teuer machen sollte: Das könnte in der Gesetzgebung dann auch für Nikotin und Alkohol ein gutes Vorbild sein.

Während meiner Reise erreicht mich die Nachricht des Wissenschaftlichen Dienstes zur Problematik der EU- bzw. Internationalen Gesetzgebung: Das werde ich mir genauer anschauen, halte das aber für keinen zentralen Schauplatz.