Für ein flächendeckendes und bedarfsgerechtes Angebot an Prä-Expositions-Prophylaxe

"Es ist enttäuschend, wie wenig sich das Bundesgesundheitsministerium darum kümmert, dass es ein flächendeckendes und bedarfsgerechtes Angebot an Prä-Expositions-Prophylaxe (PreP) gibt. Dabei ist die PreP nach einhelliger Meinung der Fachöffentlichkeit ein wichtiger Baustein in der Safer-Sex-Strategie insbesondere bei Männern, die Sex mit Männern (MSM) haben." erklärt Ates Gürpinar, Gesundheitspolitiker und Abgeordneter für die Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, zur Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische schriftliche Frage von ihm.

Gürpinar weiter: "Es ist offenkundig, dass die Prä-Expositions-Prophylaxe (PreP) zur Eindämmung der Neuinfektionen bei MSM beigetragen hat, auch wenn aufgrund der Corona-Pandemie manche Daten der Evaluation etwas verzerrt werden. Auch das Robert Koch-Institut (RKI), eine Bundesoberbehörde unter dem Dach des Bundesgesundheitsministeriums, schließt sich dieser Position an. Darum ist es umso bedauerlicher, dass sich die Bundesregierung nicht in aller Deutlichkeit für die flächendeckende und bedarfsgerechte Etablierung der PreP ausspricht. Denn selbstverständlich wäre es ein deutliches Signal an die Selbstverwaltung, sich hier einzubringen und dies ausreichend zu finanzieren. Die Unterfinanzierung in diesem Bereich gefährdet die bisherigen Erfolge in der HIV-Prävention."

 

Die schriftliche Frage an da Gesundheitsministerium:

Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem in § 20j SGB V vorgeschriebenen und über das Robert Koch-Institut (RKI) in Auftrag gegebenen Evaluationsbericht zum Thema HIV-PrEP, welche 2019 als GKV-Leistung eingeführt wurde, und welche weiteren Maßnahmen sieht die Bundesregierung für die Zukunft als erforderlich an, vor dem Hintergrund, dass in dem Evaluationsbericht zwar eine hohe Effektivität der Präventionsmethode beim Schutz vor HIV und keine Zunahme sexuell übertragbarer Infektionen konstatiert wird, ein langfristiger Einfluss auf die HIV-Inzidenz wegen der Corona-Pandemie epidemiologisch jedoch noch nicht beurteilbar sei, und in dem Bericht zudem aufgezeigt wird, dass das Versorgungsgeschehen bisher sehr stark in den fünf größten Städten in Deutschland sei, flächendeckend aber bisher keine bedarfsgerechte Versorgung stattfinde und auch die zum 1. Januar 2023 greifende Einbudgetierung der Vergütung (wegen potenzieller Verknappung der Angebote) Sorge bereite? 


Die Antwort des Ministeriums:

Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TVSG) vom 6. Mai 2019 (BGBl. I S. 646) wurde ein neuer § 20j in das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) eingefügt. Versicherte mit einem substantiellen HIV-Infektionsrisiko, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, haben danach Anspruch auf ärztliche Beratung über Fragen der medikamentösen Präexpositionsprophylaxe (PrEP) zur Verhütung einer Ansteckung mit HIV, auf Untersuchungen, die bei Anwendung der für die medikamentöse PrEP zugelassenen Arzneimittel erforderlich sind, sowie nach Beratung auf Versorgung mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zur PrEP.

Der am 5. April 2022 vom Robert Koch-Institut (RKI) vorgelegte Bericht gibt einen ersten Überblick über das Versorgungsgeschehen. Die Maßnahme wird hierbei für die Vermeidung von HIVNeuinfektionen als effektiv bewertet. Pandemiebedingte Kontaktbeschränkungen und damit einhergehende Änderungen im Sexualverhalten und eine ggf. veränderte Inanspruchnahme der Leistungen zur Gesundheitsversorgung müssen bei der Bewertung des Verlaufs der HIV-Inzidenzen und Inzidenzen von sexuell übertragbaren Infektionskrankheiten (STI) im Jahr 2020 berücksichtigt werden. Daher kann die Frage, ob die Anzahl der PrEP-Nutzer ausreicht, die HIV-Inzidenz mittel- und längerfristig nachhaltig zu reduzieren, zum jetzigen Zeitpunkt auf Grund des Einflusses der SARS-CoV-2-Pandemie noch nicht abschließend beantwortet werden. Zur weiteren Prüfung und Untermauerung der Ergebnisse sowie weiteren Surveillance der Versorgung mit PrEP wurde daher ein Folgeprojekt initiiert, das derzeit durchgeführt wird und dessen Ergebnisse in die weiteren Planungen der Bundesregierung eingehen werden. 

Der Bewertungsausschuss – bestehend aus je drei Vertretern der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen –, beschließt eigenverantwortlich Empfehlungen zur Bestimmung von Vergütungen ärztlicher Leistungen des einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM), soweit diese außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung mit den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung vergütet werden sollen. Dies gilt auch im Zusammenhang mit ärztlichen Leistungen der PrEP. Das Bundesministerium für Gesundheit hat auf die Beschlüsse des Bewertungsausschusses keinen Einfluss, soweit geltendes Recht beachtet wird.