Pflegeunterstützungs- und –entlastungsgesetz

Im vorliegenden Referentenentwurf für ein „Pflegeunterstützungs- und –entlastungsgesetz“ findet sich kaum ein Versprechen aus dem Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grünen und FDP wieder. So müssen Menschen mit Pflegebedarf, die daheim nur von Angehörigen gepflegt werden, weiter auf eine regelhafte Anpassung des Pflegegelds warten, die für das vergangene Jahr fest zugesagt werden. Erst im kommenden Jahr soll das Pflegegeld um lächerliche fünf Prozent angehoben werden. Im Pflegegrad 2 reden wir dann von 16 Euro mehr pro Monat, während die Inflation weiter steigt und steigt und die Pflegehaushalte immer noch mit den Mehrausgaben zu kämpfen haben, die sie wegen der Corona-Pandemie hatten und haben.

Ein ähnliches Bild zeichnet sich in der stationären Pflege: Statt endlich eine Pflegereform durchzusetzen, von der sich alle Expert*innen einig sind, dass sie dringend notwendig ist, verharrt die Bundesregierung im Stückwerk, dass der ehemalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hinterlassen hatte. Er hatte auf den letzten Metern der vorherigen Bundesregierung statt der damals schon versprochenen Pflegereform lediglich einen zeitlich gestaffelten Zuschuss zum sogenannten einrichtungseinheitlichen Eigenanteil, also den pflegebedingten Kosten im Pflegeheim, umgesetzt. Dieser Zuschuss ist seit Januar 2022 in Kraft und seitdem steigt dieser Eigenanteil weiterhin kontinuierlich. Die finanzielle Überlastung bei Menschen mit Pflegebedarf bleibt bestehen und wird lediglich ein wenig abgefedert, wobei dieser ohnehin marginale Effekt mittlerweile komplett überholt ist.

Statt aber diesen Kostenanstieg zu analysieren und zu realisieren, dass dieser Zuschuss offensichtlich komplett ungeeignet ist, Pflegebedürftige im Heim zu entlasten, will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach den Zuschuss anheben. Das ist an Lächerlichkeit wirklich nicht mehr zu überbieten. Lauterbach verspricht eine Reform – zugegebenermaßen auch nur, weil das Bundesverfassungsgericht ihn zwingt, eine andere Art der Beitragserhebung für die Pflegeversicherung umzusetzen und kinderreiche Familien stärker als bisher zu entlasten – und kombiniert in dem vorgelegten Stückwerk wirklich alle schlechten Merkmale des bestehenden Systems:

  • Die Beiträge steigen. Erst ab dem dritten Kind erleben Familien eine Entlastung zum jetzigen Niveau. Im Jahr 2021 lebten allerdings gerade mal in rund 12 Prozent aller Familien drei oder mehr Kindern.
  • Die Kosten für Pflegebedürftige im Heim steigen. Ein prozentualer Zuschuss im Pflegeheim ändert nichts an generellen Kostenexplosionen. Nötig wäre mindestens kurzfristig der Sockel-Spitze-Tausch, also ein Konzept, in dem die Pflegebedürftigen politisch festgelegt und planbar einen Sockelbetrag leisten, alle weiteren Kosten, die darüber hinausgehen, werden dann von der Pflegeversicherung getragen. Langfristig brauchen wir die PflegeVOLLversicherung.
  • Die Belastungen in der häuslichen Pflege nehmen zu. Der Druck in der häuslichen Pflege hält an. Es gibt keine konkreten Entlastungsangebote, die pflegenden Angehörigen einfach und unbürokratisch zustehen. Für die ambulante Pflege enthält der Gesetzentwurf keine nennenswerten Verbesserungen. Das verkennt das Problem, dass so viele Pflegedienste mittlerweile kaum noch Beschäftigte finden und die Wartelisten von interessierten Pflegebedürftigen immer länger werden.
  • Die Kosten für die Pflegeversicherung steigen. Obwohl der Referentenentwurf weder die nötige und zugesagte Unterstützung, noch eine wirkliche Entlastung für die Langzeitpflege enthält, kommen immense Mehrkosten auf die Sozialversicherung zu. Statt endlich den Systemwechsel zu vollziehen, und die Einnahmenseite auf breitere Füße zu stellen, in dem zum Beispiel alle am System der sozialen Pflegeversicherung beteiligt werden und auch Beiträge auf Vermögen erhoben werden, verharrt Lauterbach mit der Bundesregierung im bestehenden System. Das ist unverantwortlich und Ressourcenverschwendung. So werden wir die Spirale aus steigenden Kosten für die einzelnen und steigenden Beiträgen niemals durchbrechen.