Zu den Themen Community Health Nurse, Gesundheitsprävention und Digitalisierung unterwegs in Finnland

Mit Vertreter:innen anderer demokratischer Fraktionen stand letzte Woche meine zweite Ausschussreise an: Mit den Themen Community Health Nurse, Gesundheitsprävention und Digitalisierung ging es nach Finnland. Meine Eindrücke kurzgefasst in drei Punkten:

1. Community Health Nurse: Es gibt eine Vielzahl von Versuchen, niedrigschwellige medizinische Versorgung zu gewährleisten. Während in Deutschland eine sehr strikte Grenze zwischen Ärzt:innen und anderen medizinischen Berufen eingezogen ist, haben in Finnland u.a. die Pflegekräfte nach einer speziellen Ausbildung bzw. Studium weitaus mehr Kompetenzen und gelten als erste Ansprechpartner:innen für bestimmte Bereiche. Die genauen Konzepte sind hierbei unterschiedlich: Zentral ist der Kompetenzzuwachs mit entsprechender Ausbildung mit dem Ziel, eine gute gesundheitliche Basisversorgung zu gewährleisten.

Bislang war mein Blick auf Community Health Nurses ausschließlich positiv. In Finnland hat ihn eine eigentlich alte Erkenntnis etwas getrübt: Würde man dies auch in Deutschland einführen, käme es auf die Umsetzung an. Geht es nur ums Einsparen, um Profite zu generieren, wird es bedenklich: Im steuerfinanzierten Gesundheitssystem Finnlands gibt es für alle Bürger:innen eine gesundheitliche Grundversorgung in regionaler Verantwortung: In Deutschland, wo es mehr und mehr private, profitorientierte Träger gibt, muss verhindert werden, dass Community Health Nurses für eine 'billige' Gesundheitsversorgung ausgenutzt werden. Anders ausgedrückt und zugespitzt: Dem Ständesystem der Ärzt:innenschaft darf nicht das rein kapitalistische Ausbeutungssystem folgen, dessen Opfer einmal mehr die Pflegekräfte und die Patient:innen wären. Gesundheitliche Versorgung gehört in öffentliche Hand, dann sind die Community Health Nurses auch ein echter Gewinn.

2. Gesundheitsprävention: Ein zentraler Unterschied im Gesundheitssystem zu Deutschland ist der Fokus Finnlands auf Gesundheitsprävention: Das mag auch am steuerfinanzierten System liegen, wo es direkte Staatsausgaben sind, die gering gehalten werden sollen: Prävention ist schlicht günstiger als die Behandlung bereits Erkrankter. Die Argumentation mancher Gesprächspartner:innen war teils noch ‚funktionaler‘: Prävention führe dazu, dass Menschen besser und länger arbeiten können. Die Argumentation teile ich nicht, allerdings ist die Schlussfolgerung zu begrüßen: Menschen gar nicht erst krank werden zu lassen. Daher wird von der Geburt an ein größerer Wert auf Vorsorge gelegt. Im System in Deutschland, wo für bestimmte starke Player Krankheit Profit bedeutet, ist die Auseinandersetzung schwieriger. Auch hier gilt es, Druck aufzubauen, um Prävention als systemisch gewollt zu fördern.

3. Digitalisierung: Die Eindrücke bei der Digitalisierung wirken nach. Finnland hat (nicht nur) das Gesundheitssystem weitgehend digitalisiert. Dort gibt es eine zentrale, digitalisierte Patientenakte. Es gibt eine Opt-Out-Funktion, die aber nur von etwas mehr als 200(!) Personen in ganz Finnland genutzt wurde. Die Beschreibungen sind beeindruckend.
Wir müssen drüber nachdenken, was wir bei der Digitalisierung wollen, was nicht. Wo bestehen grundlegende Bedenken, bei welchen Daten vermeiden wir Digitalität an sich etc? Wenn dies bei der eigenenGesundheit so sein sollte, ist die Debatte natürlich beendet: Wenn nicht, dann sollten wir uns über das Wie unterhalten: So über die vollkommene Verfügung der Patient:innen darüber, welche Daten gespeichert sind und für wen sie abrufbar sind. Dezentrale Speicherorte nicht in privater Hand, um Hackerangriffsmöglichkeiten zu minimieren etc.

Natürlich gab es auch Eindrücke von der schönen Stadt Helsinki – und wir unterhielten uns nicht nur über das Thema Gesundheit: Durch die über 1000 Kilometer lange Grenze zu Russland waren auch der Krieg, die Ängste und der Nato-Beitritt Thema. Bei weiteren Fragen zu den Themen könnt ihr mich gern kontaktieren.